Als meine Frau und ich uns kennenlernten - ewig her und danke, dass Du immer noch an meiner Seite bist - haben wir uns versprochen: Alles kann passieren in unserer Beziehung - auch Wunderschönes, von dem wir heute noch keine Ahnung haben - aber lassen wir uns nie „Mauersteine“ zwischen uns aufbauen.
Mauersteine sind kleine Verletzungen die wir uns gegenseitig zufügen, ohne Absicht oder auch mit Absicht, weil wir in einem Moment nicht stark genug waren. Eine kleine Bemerkung kann bei der Partnerin oder dem Partner aufgrund der eigenen Erlebnisse eine tiefe emotionale Reaktion auslösen. Hier hilft es uns, wenn wir achtsam mit uns selbst umgehen, damit wir nicht in die Falle tappen, die diese Situationen gerne eskalieren lässt. Verantwortlich für mein Gefühl verletzt worden zu sein, ist nicht die Bemerkung an sich bzw. meine Partnerin oder mein Partner. Vielmehr trifft diese Bemerkung auf einen Teil von mir, der unsicher und verletzt ist und sehr oft völlig im Verborgenen schlummert.
Erlebnisse oder Handlungen aus der Vergangenheit die uns heute völlig unbewusst sind, haben möglicherweise dazu beigetragen, dass wir „Knöpfe“ haben, die jeder auch ohne Absicht drücken kann. Diesen Knöpfen auf die Spur zu kommen lohnt sich, denn sie binden unbewusst viel Energie. Wir müssen uns schützen, abwehren, verurteilen, verteidigen, angreifen oder immer wieder weglaufen, wenn wir sie nicht aufspüren wollen. Vor allem müssen wir unsere Knöpfe geheim halten, um nicht verletzt zu werden. Wie können wir dann innige Beziehungen aufbauen, wenn wir permanent auf der Hut sein müssen? Wir müssen den Mut und die Kraft haben, zu unseren eigenen Unzulänglichkeiten zu stehen und uns mit unseren Themen auseinandersetzen.
Wir haben uns in der ganzen Zeit unseres Zusammenlebens nie absichtlich verletzt, wenn wir um die „Empfindlichkeit“ des anderen bei einem bestimmten Punkt wussten, und vielleicht ist dies eines der Geheimnisse unserer liebevollen Beziehung. Wissend um die Knöpfe des anderen haben wir versucht, uns gegenseitig durch sinnvolle Gespräche auf die Spur zu bringen. Das Vertrauen ineinander gab uns die Möglichkeit, uns diese bewusst zu machen. Im Idealfall konnte jeder für sich manches Thema auflösen, und wenn nicht, haben wir uns weiterhin gegenseitig geholfen immer wieder dran zu bleiben, um auch in diesem Punkt zu reifen und erwachsen zu werden. Und wir tun das auch heute noch. Zum Thema „erwachsen werden ein Leben lang“ habe ich in einem anderen Blog geschrieben.
Behutsames Vorgehen ist wesentlich in einer Beziehung. Liebevoll im Gespräch zu sein, aber ohne Mitleid, ist wichtig, da Mitleid dem anderen vielleicht noch mehr das Gefühl gibt, nicht in Ordnung zu sein. Mitgefühl ist die sinnvolle innere Haltung in einem Gespräch miteinander, in dem es um die Lösung von alten bewussten oder unbewussten Konditionierungen geht.
Wir sind immer ganz. Diese Ganzheit kann uns keiner nehmen, egal welche Erlebnisse wir im Leben hatten. Dies zu spüren und diesen Samen der Ganzheit zu pflegen, ist ein Prozess des Werdens bis zu unserem Abschied von dieser Erde. Diesen einzigartigen Samen gilt es in uns zu entdecken durch Stille, Achtsamkeit und Bewegung. Jeder von uns ist einzigartig, auch wenn der Alltag dies oft nicht erkennen lässt. Vertrauen Sie sich und dem Menschen den Sie lieben, um zu wachsen. Wir bedürfen der Fürsorge - für uns selbst, aber auch für andere und durch andere.
Diese Fürsorge wird uns in der Entfaltung unserer unverwechselbaren Persönlichkeit unterstützen, wenn wir uns stark und mutig fühlen. Mit dieser Entfaltung werden wir auch in der Lage sein, anderen Menschen unser Mitgefühl zukommen zu lassen, und dadurch unser eigenes Leben und das der anderen zu bereichern.
In den nun 43 Jahren unseres Zusammenlebens ist uns dies miteinander gelungen und ich möchte diese Beziehung ewig leben.
Trauen Sie sich, die Kraft haben Sie!
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